Klarer mit Klara

Kazuo Ishiguro führt uns wieder einmal beispielhaft vor, was mit der Methode „imagination“ geleistet werden kann. Aus Sicht der Techniksoziologie (see Bijker et al.) befasst sich der Autor in seinem neuen Roman „Klara und die Sonne“ mit der sich verändernden Dienstleistungsgesellschaft. Künstliche Intelligenz als „Disruption“ kann vielleicht Betreuungsarbeit ergänzen, oder gar ersetzen. Sehen wir wirklich klarer mit Klara? Bietet uns Kazuo mittels Klara besseres Verständnis von künstlicher Intelligenz? Sollen wir uns tiefergehend an Maschinen als persönliche Dienstleister gewöhnen? Die Antworten darauf bietet der Ich-Erzähler-Roboter jedoch nicht wirklich. Er lädt uns aber auf eine angenehmene, einladende Weise ein, uns mit diesen Fragen zu befassen, bevor wir keine Wahl mehr haben werden. Mit Imagination wird vom Autor dabei ein literarisches Szenario entworfen, das durch emotionale Einbindung funktionert. Die Diskussion in den Feuilletons (perlentaucher; Süddeutsche + Interview) und DLF-Radio weist auf ein geteiltes Medienecho hin. Dass aber die Financial Times ein Loblied singt, samt „Spoiler“ vorab die Pointe zu verraten, sollte uns aufmerksam werden lassen. Vielleicht ist es keine so weit entfernte Fiktion mehr. So bleibt für den Techniksoziologen der Aufruf: Nutze die Technik, aber mit doppelter Wachsamkeit welche Daten, auch über Emotionen, wir preisgeben wollen. Wir werden uns wohl mehr als ein „Pokerface“ zulegen müssen. Schauspielerische Kompetenzen könnten überlebenswichtig sein im Zeitalter von „Alexa ist überall„. Nach dem Roman zum ergebenen Dienstleister „Was vom Tage übrigblieb“ setzt Kazuo Ishiguro nun die kritische Auseinandersetzung mit Diensten am Menschen und was es mit den Menschen macht kreativ fort. Insgesamt ein beeindruckendes Spiel mit und Beispiel der Methode Imagination.